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25.05.2021 Edgar Schröder

Endlich Klarheit und Sicherheit!

  • Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat eine Entscheidung in Bezug auf die Tarifzuständigkeiten in der Arbeitnehmerüberlassung getroffen und somit für Klarheit in Sachen BAP-DGB / iGZ-DGB-Tarifwerke gesorgt.
  • Edgar Schröder ordnet das Ergebnis ein und äußert sich zu den Auswirkungen.
  • Warum das Urteil des Branchenexperten durchaus positiv ausfällt, erfahren Sie im Blogartikel.

Seit vielen Jahren belastete die Rechtsunsicherheit zur Performance der BAP-DGB / iGZ-DGB-Tarifwerke bzgl. ihres Status Quo „Einheitstarifverträge vs. mehrgliedrige Tarifverträge“ die unternehmerischen Entscheidungsträger.

Ausnahmsweise bin ich mit einer gerichtlichen Entscheidung des 5. Senats vom Bundesarbeitsgericht (BAG) sehr „happy“!

Denn in seinem Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof vom 16. Dezember 2020, Aktenzeichen 5 AZR 143/19 (A), wird klargestellt, dass das im Streitfall zugrunde liegende iGZ-Tarifwerk als „mehrgliedrige Tarifverträge im engeren Sinne“ zu bewerten ist. In diesem Kontext genügt es, dass ver.di seit ihrer Satzungsänderung in 2009 für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung zuständig ist. „Der iGZ e.V. und die Gewerkschaft ver.di sind für die Leiharbeitsbranche tarifzuständig“, so der 5. Senat unmissverständlich unter Randnummer 20 seiner Entscheidungsbegründung. Das kann im Ergebnis 1:1 auf das BAP-Tarifwerk übertragen werden!

Wäre dagegen die Struktur der o. g. Tarifwerke als sogenannte Einheitstarifverträge einzuordnen, müssten die weiteren sechs beteiligten DGB-Gewerkschaften (IGM, IG BCE, NGG, GEW, IG BAU und GdP) aufgrund ihrer jeweiligen Satzung tarifzuständig sein.

Diese klar statuierte Tarifzuständigkeit für die Arbeitnehmerüberlassung kann die Gewerkschaft der Polizei nicht vorweisen. Das wäre für den Einheitstarifvertrag „toxisch“ und würde zur kompletten Unwirksamkeit des relevanten Tarifwerkes führen. Die anlassbezogene Statusprüfung der übrigen fünf DGB-Gewerkschaften (IGM, IGBCE, NGG, GEW und IG BAU) bestätigt „Gott sei Dank“ deren Tarifzuständigkeit innerhalb ihres jeweiligen Organisationsbereiches.

So lautet beispielsweise die Satzung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in der Fassung ab 1. Januar 2019:

„i) die von einem Verleihbetrieb an die vom Organisationsbereich der Gewerkschaft Nahrung- Genuss-Gaststätten erfassten Betriebe und/oder Unternehmen (a bis g sowie Wirtschaftsgruppenkatalog) zur Arbeitsleistung überlassen werden sowie aus Verleihbetrieben, die ausschließlich oder überwiegend an vom Organisationsbereich der Gewerkschaft NGG erfasste Betriebe Arbeitnehmerüberlassung betreiben.“

Die fehlende Tarifzuständigkeit der GdP bedingt bei dem mehrgliedrigen BAP-DGB / iGZ-DGB-Tarifwerk lediglich die Unwirksamkeit des von ihr abgeschlossenen Tarifvertrags. Es hat keinerlei Auswirkungen auf die seitens der anderen Tarifvertragsparteien geschlossenen Tarifverträge.

Das ist als Ergebnis „einfach genial“.

Gleichermaßen genial ist die kurze Feststellung des 5. Senats,

„… die in den jeweiligen Tarifverträgen namentlich aufgeführten Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), darunter ver.di – sind tariffähig.“

Das Kriterium der Tariffähigkeit hat mich persönlich seit der historischen CGZP-Entscheidung des 1. Senats vom 14. Dezember 2010, AZ. 1 ABR 10/10, enorm beschäftigt.

So schrieb ich unter anderem in dem Klartext aus Dezember 2013:

„Dann wird die gesamte Zeitarbeitsbranche in dem kommenden Jahr 2014 orakeln, ob ein Déjà-vu-Erlebnis gegenständliche Realität werden kann. Es läuft in dem Bundesland Hessen zurzeit das arbeitsgerichtliche Feststellungsverfahren, ob die DGB-Gewerkschaften überhaupt tariffähig sind bzw. in der Vergangenheit waren, mit den Arbeitgeberverbänden BZA bzw. IGZ Tarifverträge abzuschließen. Die CGZP-Geschädigten wissen nur allzu gut Bescheid, was aus Unternehmersicht da alles auf die Firmen hereinbrechen kann. Für die Zeitarbeitsunternehmer kennt die Rechtsprechung scheinbar kein Pardon bzw. viel wichtiger keinerlei Vertrauensschutz. Selbstverständlich wünsche ich uns allen, dass die Richter einen akzeptablen Lösungsansatz finden, der in den Rechtsfolgen der Bewertung der Gewerkschaftssatzungen die „Performance“ der DGB-Zeitarbeitstarifverträge nur mit einigen Blessuren versieht, aber nicht in Gänze für unwirksam erklärt.“

Das Schreckgespenst der Unwirksamkeit der Branchentarifverträge von BAP und iGZ ist vorbei!

Ich beende diesen Klartext mit folgendem Zitat vom deutschen Dichter Joachim Ringelnatz (07.08.1883 – 17.11.1934):

„Sicher ist, dass nichts sicher ist. Selbst das nicht.“

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