04.11.2019 Edgar Schröder

„Gegen die Zeitarbeit im Gesundheitswesen wird negative Propaganda betrieben!“

  • Edgar Schröder, der Berater der Zeitarbeit, beobachtet: Der Einsatz von Zeitarbeit im Gesundheitswesen wird von weiten Teilen der Politik und der Medien dämonisiert. Die wenigen öffentlich vorgebrachten, faktenbasierten Argumente pro Zeitarbeit verhallen ungehört oder werden gar bewusst überhört
  • Gerade die Tatsache, dass Zeitarbeitnehmer in der Pflege bessere Arbeitsbedingungen haben als ihre stammbeschäftigten Kollegen, sei ein Szenario, das dem Gesetzgeber nicht schmecke
  • Die gute Nachricht für Personaldienstleister: Um die Pflegepersonaluntergrenzen ab 2020 realisieren zu können, haben Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen keine andere Wahl, als auf Zeitarbeit zurückzugreifen

Am 23. September 2019 veröffentlichte das Bundesgesundheitsministerium folgende Mitteilung: "Gesetzentwurf – Anreize für weniger Leiharbeit in der Pflege". Unterhalb dieser Überschrift wird dann folgendes ausgeführt: "Mit einer neuen Regelung wollen wir das Ausweichen auf Pflege-Leiharbeiter in Kliniken vermeiden. Die Kosten für Leiharbeit sollen im Rahmen des Pflegebudgets nur bis zum Tariflohn vergütet werden […]. Außerdem sollen auch Zusatzkosten ("Provisionen") für die Vermittlung von Leihpersonal nicht refinanziert werden […]."

Per Änderungsantrag Nr. 26 (ab PDF S. 59) zum "MDK-Reformgesetz" soll im sogenannten Krankenhausentgeltgesetz folgende Stellschraube eingeführt werden: "Bei Beschäftigung von Pflegepersonal ohne direktes Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus sind der Teil der Vergütungen, der über tarifvertraglich vereinbarte Vergütungen hinausgeht, und die Zahlung von Vermittlungsentgelten nicht im Pflegebudget zu berücksichtigen." Dieser Satz wird in § 6a Abs. 2 Krankenhausentgeltgesetz neu eingeführt. Die Begründung zur Neuregelung fällt kurz und knapp aus: Es werde möglichen Fehlentwicklungen für die Beschäftigung von Pflegepersonal ohne direktes Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus entgegengewirkt.

Nur eine von 25 Stellungnahmen zugunsten der Zeitarbeit
Am 14. Oktober 2019 fand die öffentliche Anhörung der Sachverständigen, Institutionen und Verbände zum MDK-Reformgesetz im Bundestagsausschuss für Gesundheit statt.

Von den 25 Stellungnahmen waren lediglich die Ausführungen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA) zugunsten der Zeitarbeitsbranche: "Kontraproduktive Beschränkung der Zeitarbeit unterlassen". In der Expertenanhörung spielte die Zeitarbeit insgesamt allerdings eine völlig untergeordnete Rolle. Im zentralen Fokus stand vielmehr die geplante Neuorganisation der Medizinischen Dienste der Krankenversicherungen (MDK).

Bereits seit etlichen Monaten wird gegen die Zeitarbeit im Gesundheitswesen negative Propaganda betrieben. Exemplarisch führe ich hierzu die Fachzeitschrift "kma Klinik Management aktuell" an. Diese behandelte die Zeitarbeit in der Pflege als Topthema.

Argumente pro Zeitarbeit werden geflissentlich ignoriert
Die faktenbasierten Äußerungen der Zeitarbeitsverbände BAP (zur Stellungnahme) und iGZ (zur Stellungnahme) dringen leider nicht wirksam durch in der medialen Welt. Auch die positive Kommentierung der Wirtschaftsredakteurin Britta Beeger in der FAZ (zum Kommentar "Von der Zeitarbeit lernen") verhallt ungehört beziehungsweise wird geflissentlich ignoriert.

Verkehrte und verrückte Arbeitswelt in Deutschland!

Jahrzehntelang wird stereotypartig die Parole verbreitet, wonach Zeitarbeit mit prekärer Beschäftigung zu schlechten Arbeitsbedingungen gleichzusetzen sei. Jetzt verdienen die Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer in den Gesundheitsberufen mehr als deren stammbeschäftigte Kolleginnen und Kollegen – und haben zudem bessere Arbeitszeitmodelle sowie verlässlichere Schichteinsatzpläne!

Dieses Szenario geht aus Sicht der Politik in Berlin auf keinen Fall!

Schon ist der ambitionierte Gesundheitsminister Jens Spahn mit einem 'pfiffigen Taschenspielertrick' auf der politischen Bühne 'genial' in Erscheinung getreten. Die Refinanzierung der Kosten für externes Pflegepersonal ohne direktes Beschäftigungsverhältnis mit den Krankenhäusern wird auf die einschlägigen Tarifentgelte im Sinne von Equal Pay gedeckelt. Die gute Nachricht für Personaldienstleister im Gesundheitswesen lautet: Damit die Krankenhäuser ihren Versorgungsauftrag verantwortlich umsetzen und die umfangreiche Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen ab 2020 realisieren können, haben sie keine andere Wahl. Sie müssen und werden weiterhin auf Zeitarbeit zurückgreifen!

Fazit

Die Ursächlichkeit der personalpolitischen Probleme in den Kliniken liegt nicht in der Zusammenarbeit mit den Personaldienstleistern begründet. Ich kann mir gut vorstellen, dass die geplante Gesetzesänderung vermutlich erst ab 2021 in Kraft treten wird, weil die Pflegebudgetverhandlungen und die Herausnahme der Kosten für Zeitarbeitnehmer aus den Fallpauschalen eine äußerst komplexe Materie darstellen. Der Gesetzgeber ist meines Erachtens von der aktuellen, personalpolitischen Realität der Krankenhausbetriebe meilenweit entfernt. An dieser Stelle fällt mir ein Zitat des Komikers und Kabarettisten Dieter Hallervorden ein: "Manche Politiker muss man behandeln wie rohe Eier. Und wie behandelt man rohe Eier? Man haut sie in die Pfanne."


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