15.02.2022 Jenny Rohlmann

„CSR fördert das Image und sichert die Marktposition“

  • Im „War for Talents“ geht es mehr denn je darum, sich von anderen Arbeitgebern abzusetzen und die eigene Attraktivität zu steigern. Corporate Social Responsibility (CSR) ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Stellschraube.
  • Personaldienstleister, die offen kommunizieren, wie und wo sie Verantwortung übernehmen, überzeugen durch ihre Haltung. Zudem unterliegen große Kundenunternehmen der CSR-Berichtspflicht und legen Wert darauf, dass auch ihre Dienstleister entsprechend agieren.
  • Expertin Dr. Jenny Rohlmann vom Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) berichtet, dass bereits viele Branchenunternehmen CSR betreiben. Wo sie noch Nachholbedarf sieht, erklärt sie im arbeitsblog-Interview.

arbeitsblog: Dr. Rohlmann, das Thema Corporate Social Responsibility (CSR) gewinnt branchenübergreifend immer mehr an Bedeutung. Welche Aspekte werden unter diesem Begriff zusammengefasst, gerade auch im Hinblick auf die Zeitarbeit?

Dr. Jenny Rohlmann

Dr. Jenny Rohlmann: Nicht zuletzt durch die Pandemie hat CSR an Bedeutung gewonnen. Sie hat uns die Auswirkungen der Globalisierung auf dramatische Weise vor Augen geführt. In Deutschland kam im Sommer 2021 noch die Flutkatastrophe dazu und machte uns einmal mehr bewusst, wie wichtig es ist, für Umwelt und Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. CSR oder Corporate Social Responsibility heißt im Grunde genau das: unternehmerische Verantwortung. Sie wird üblicherweise in die drei Bereiche Soziales, Umwelt und Wirtschaft aufgeteilt. Die Umweltverantwortung muss man nicht groß erläutern, denke ich. Bei der sozialen Verantwortung dreht sich alles um den Menschen. Es geht um Themen wie Fürsorge, Bildung, Motivation, Gesundheit oder Gerechtigkeit. Bei der wirtschaftlichen Verantwortung geht es um eine Unternehmensführung, die nachhaltig Erwerb und Wohlstand sichert. Personaldienstleister haben ihren Verantwortungsschwerpunkt ganz klar im sozialen Sektor – ihr Kerngeschäft ist ja der Mensch.

arbeitsblog: Als CSR-Beauftragte des iGZ haben Sie besonders tiefe Einblicke. Was würden Sie sagen: Wie groß ist die Bereitschaft der Personaldienstleistungsbranche, CSR umzusetzen?

Dr. Jenny Rohlmann: Wenn Sie Verantwortliche in der Branche fragen, werden Sie meistens auf offene Ohren stoßen. Große Personaldienstleister haben professionelle Berichte zur Verantwortung auch schon seit einigen Jahren auf ihren Websites. Das Thema ist für kleine und mittelständische Betriebe allerdings noch relativ neu. Und es erfordert natürlich etwas Zeit, nachhaltige Aktivitäten so zu dokumentieren, dass sie für Kunden und für Bewerber nachvollziehbar sind. Das ist aber gerade das Wichtige – CSR-Engagement ist kein Selbstzweck. Es sichert unsere Zukunft, dient aber genauso der Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens.

arbeitsblog: Wie ist denn der iGZ im Bereich CSR tätig?

Dr. Jenny Rohlmann: Immer mehr Unternehmen werden zukünftig verpflichtet sein, über ihre CSR-Aktivitäten zu berichten. Wir bereiten unsere Mitglieder jetzt schon darauf vor, indem wir einen Musterbericht und Handlungshilfen anbieten. Seit Oktober letzten Jahres veranstalte ich für unsere Mitglieder regelmäßig Workshops, in denen ich erläutere, wie man mit einem überschaubaren Aufwand einen Bericht erstellt. Man muss schließlich berücksichtigen, dass die meisten KMU kein eigenes Personal für CSR haben. Viele Teilnehmende machen sich nach dem Workshop erfreulicherweise direkt auf den Weg, ihren ersten eigenen CSR-Bericht zu schreiben.

Quasi jeder macht schon CSR, es mangelt nur häufig daran, dass die Firmen nicht darüber berichten.

– Dr. Jenny Rohlmann

arbeitsblog: Wie kann CSR in der Praxis der Personaldienstleistung aussehen? Hätten Sie Beispiele für konkrete Maßnahmen? Gibt es etwas, das alle gemein haben?

Dr. Jenny Rohlmann: Es gibt allein schon im sozialen Verantwortungsbereich sehr viele Ansatzpunkte. Das Schöne ist, dass quasi jeder schon CSR macht. Es mangelt häufig nur daran, dass die Firmen nicht darüber berichten. Allen Personaldienstleistern gemein sind zum Beispiel ihre Fürsorgefunktion und die enorm gute Kenntnis ihrer Mitarbeitenden. Verantwortung zu übernehmen, hat viel mit Wertschätzung zu tun. CSR-Maßnahmen können ganz klein und kostengünstig sein. Manche unserer Mitglieder wundern sich, dass auch solche vermeintlich banalen Aspekte wie ein wöchentlicher Obstkorb oder Mitarbeitergespräche dazugehören. Auf ökologischer Seite zählen beispielsweise recyceltes Kopierpapier, LED-Lampen, aber auch kostenintensivere Punkte wie Elektro-Fahrzeuge dazu. Jedem Unternehmen ist selbst überlassen, wie viel es investiert. Im Prinzip geht es um jede Form der Verantwortung, die über gesetzliche Regelungen hinausgeht.

arbeitsblog: Wie viel Wert legen Kundenunternehmen mittlerweile auf CSR?

Dr. Jenny Rohlmann: Große Unternehmen und Konzerne unterliegen der sogenannten CSR-Berichtspflicht, das heißt, sie müssen nach bestimmten Standards über ihre nichtfinanziellen Aktivitäten berichten. Sie legen dabei jetzt schon Wert darauf, dass auch ihre Dienstleister CSR-konform sind. Ab 2023 tritt das Lieferkettengesetz in Kraft. Wenn sich dann Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden in ihrer Lieferkette etwas zuschulden kommen lassen, müssen sie mit Sanktionen rechnen. Deshalb werden sie auch bei Personaldienstleistern, wenn diese ein Glied ihrer Lieferkette sind, noch stärker auf deren CSR-Engagement achten. Übrigens gilt das ein Jahr später auch für Betriebe mit mehr als 1.000 Beschäftigten.

CSR fördert das Image und sichert die Marktposition.

– Dr. Jenny Rohlmann

arbeitsblog: Ist CSR aktuell nur ein Bonus oder hat die erfolgreiche Umsetzung bereits tiefergehende Auswirkungen? Und wird dieses Thema in Zukunft eine größere Rolle spielen?

Dr. Jenny Rohlmann: CSR ist nicht nur ein nettes Add-On. Wie eben gesagt, legen Kunden oft viel Wert auf CSR. Aber auch Bewerber interessieren sich zunehmend dafür, ob das Unternehmen, bei dem sie arbeiten wollen, Verantwortung übernimmt. CSR fördert das Image und sichert die Marktposition.

arbeitsblog: Auch in Europa tut sich einiges, oder?

Dr. Jenny Rohlmann: Ja, auf EU-Ebene ist das Thema stark in Bewegung. Die Gesetzgebung geht in die Richtung, dass immer mehr Unternehmen verpflichtet werden, ihre CSR-Maßnahmen zu belegen. Allein schon im Hinblick auf den Klimaschutz spielt CSR eine Riesenrolle. Diesbezüglich werden die Berichtsstandards gerade verschärft. Dahinter steckt das große EU-Ziel, bis 2050 erster klimaneutraler Kontinent zu werden.

arbeitsblog: Inwiefern hilft der iGZ-Ethik-Kodex schon dabei, Vorgaben im Sinne von CSR zu erfüllen?

Dr. Jenny Rohlmann: Unser Ethik-Kodex verankert wichtige Werte für einen verantwortungsvollen Umgang mit allen Stakeholdern der Zeitarbeit. Die Stakeholder spielen in der unternehmerischen Verantwortung eine entscheidende Rolle, da es um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens und den Folgen seines Handelns auf die Umwelt und auf die Menschen, die von der Tätigkeit des Unternehmens betroffen sind, geht. Insofern ist der Kodex eine gute Basis für das CSR-Engagement der iGZ-Mitglieder und die daraus abgeleiteten Maßnahmen.

arbeitsblog: Setzen Zeitarbeitsfirmen bewusst auf Qualitätsmanagement? Was versprechen sie sich davon?

Dr. Jenny Rohlmann: Im „War for Talents“ geht es ja mehr denn je darum, sich von anderen Arbeitgebern abzusetzen und die eigene Attraktivität zu steigern. Firmen, die offen kommunizieren, wie und wo sie Verantwortung übernehmen, überzeugen durch ihre Haltung – sowohl Bewerber als auch Kunden. Seit Jahren gibt es verschiedene Systeme für Qualitätsmanagement (QM) in der Branche, die durch einen CSR-Bericht vervollständigt werden können. Personaldienstleister setzen bewusst auf QM, um im Wettbewerb zu bestehen. Und neben den harten Fakten geht es auch immer um die Akzeptanz eines vieldiskutierten Geschäftsmodells.


Dr. Jenny Rohlmann

Jenny Rohlmann verantwortet beim iGZ den Bereich Strategisches Marketing/PR und ist seit Mitte 2019 CSR-Beauftragte des Verbandes. In der selbstbewussten und klaren Vermarktung von Zeitarbeit gerade gegenüber herausfordernden Zielgruppen und vor dem Hintergrund politischer Neuerungen liegt ihre Kompetenz. Im Rahmen ihrer CSR-Arbeit entwickelte Rohlmann Handlungshilfen zur CSR-Berichterstattung sowie einen Musterbericht und unterstützt die iGZ-Mitglieder bei der Umsetzung.

Mehr zum Thema CSR erfahren Sie auf der iGZ-Website: www.zeitarbeit-verantwortung.de

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