„Die Branche braucht Mut“ – Industry Pulse zeigt: Digitalisierung und Vertrieb bleiben größte Baustellen
- Auf der zCom 2025 präsentierten Martin Klingen (GI Group Holding) und Jens Issel (GVP) zusammen mit Moderator Markus Budde (zvoove) die aktuellen Ergebnisse des Industry Pulse – der größten Branchenumfrage unter Personaldienstleistern mit über 800 Teilnehmenden.
- Die Zahlen zeigen: Digitalisierung und KI bieten große Chancen, werden aber oft nicht konsequent genutzt, insbesondere im Vertrieb und bei der Prozessautomatisierung.
- Im aktuellen arbeitsblog-Beitrag erfahren Sie, wo die Branche steht, wo die größten Herausforderungen liegen – und was jetzt getan werden muss.
Wo steht die Personaldienstleistungsbranche wirklich – und wo muss sie dringend aufholen? Antworten darauf liefert der aktuelle Industry Pulse, den zvoove in diesem Jahr erstmals gemeinsam mit dem Gesamtverband der Personaldienstleister (GVP) durchgeführt hat. Die Ergebnisse wurden im Rahmen eines Fachvortrags auf der zCom 2025 von Martin Klingen (GI Group Holding) und Jens Issel (GVP) vorgestellt, moderiert von Markus Budde (zvoove).
Mit über 800 Teilnehmenden – davon rund 600 Entscheider*innen – ist die Umfrage ein verlässliches Stimmungsbarometer. Und sie zeigt: Die Branche ist sich ihrer Herausforderungen bewusst, doch bei der Umsetzung hapert es noch gewaltig. Besonders bei der Digitalisierung, beim KI-Einsatz und im Vertrieb. Die gute Nachricht: Das Potenzial ist riesig. Man muss es nur nutzen.
Digitalisierung: Wunsch nach Fortschritt trifft auf Umsetzungsprobleme
Die Digitalisierung bleibt ein Schlüsselthema, allerdings mit deutlichen Reibungsverlusten: 65 Prozent der Befragten sehen sie als erfolgsentscheidend, aber 64 Prozent fühlen sich nicht gut aufgestellt. Gründe sind vor allem hohe Investitionskosten und fehlendes Personal zur Umsetzung. Und obwohl 52 Prozent Cloud-Lösungen einsetzen, berichten nur 28 Prozent von spürbaren Produktivitätsgewinnen.
Jens Issel zeigt sich überrascht: Im Vorjahr hielten noch 73 Prozent Digitalisierung für erfolgsentscheidend. Ein Rückgang, der nachdenklich stimmt. „Wenn wir hier nicht investieren – wo dann?“ Der Leiter des Fachbereichs Kommunikation beim GVP sieht den Verband vor allem als Partner beim Know-how-Aufbau, etwa gemeinsam mit Partnern wie zvoove.
Künstliche Intelligenz: Erste Schritte, aber noch Luft nach oben
Erfreulich ist, dass 100 Prozent der Befragten in Künstliche Intelligenz (KI) investiert haben oder dies fest einplanen. Anwendungen finden sich insbesondere bei der Erstellung von Stellenanzeigen (42 Prozent), der Automatisierung von Arbeitsabläufen (31 Prozent) und der automatisierten Zuordnung von Einsätzen (29 Prozent).
KI muss dem Business dienen, nicht der KI willen eingesetzt werden. Sie muss Prozesse vereinfachen und echten Business-Nutzen stiften.
Der Einsatz zeigt erste Wirkung: 54 Prozent sind mit ihren KI-Anwendungen zufrieden. Gleichzeitig wünschen sich 48 Prozent aber mehr objektive Informationen – viele fühlen sich mit der rasanten Entwicklung überfordert. Hier stößt die Branche auf eine weitere Herausforderung: „Klassische Schulungen reichen nicht mehr aus. So schnell können wir gar nicht schulen, wie sich die Technologie verändert“, erklärt Jens Issel und zeigt einen möglichen Lösungsansatz auf: „Es ist wichtig, dass sich jeder selbstständig weiterentwickelt. Das ist schneller, flexibler und autark.“
Recruiting & Kommunikation: Persönlich UND digital gefragt
Die Umfrage zeigt klare Erwartungen von Mitarbeitenden und Bewerber*innen:
- 93 Prozent der externen Mitarbeitenden legen Wert auf persönliche Ansprechpartner.
- 87 Prozent wünschen sich digitale Zeiterfassung per App.
- 86 Prozent bevorzugen digitale Einsatzzuweisungen.
Auch Bewerber*innen zeigen sich offen für beides: Während 59 Prozent ein Gespräch vor Ort schätzen, legen 49 Prozent gleichzeitig Wert auf digitale Kommunikationswege. Besonders zukunftsweisend: 73 Prozent würden für ein Zeitarbeitsunternehmen arbeiten, das Einsätze KI-gestützt organisiert.
Vertrieb: Ohne Struktur keine Skalierung
Beim Vertrieb zeigen die Ergebnisse ein deutliches Defizit. Nur 39 Prozent der Unternehmen nutzen ein CRM-System, lediglich 28 Prozent betreiben Erfolgskontrolle. „Das sind dramatische Zahlen“, betont Martin Klingen. „Wer kein CRM nutzt, kann Prozesse weder strukturieren noch automatisieren. Auch, dass nur gut jeder vierte Befragte eine Erfolgskontrolle macht, ist eine katastrophaler Fehler.“
Die klassischen Kommunikationswege dominieren weiterhin, wie der Industry Pulse zeigt: 96 Prozent setzen auf Telefon, 93 Prozent auf E-Mail, 80 Prozent auf persönliche Besuche. Die Branche verpasst damit Chancen, effizienter und skalierbarer zu arbeiten – moderne Kanäle wie Messenger, KI oder Chatbots spielen bisher kaum eine Rolle.
Trends: Diversifizierung als Schlüssel
Das sind die größten Trends aus Sicht der Befragten:
- Digitalisierung von Prozessen (44 Prozent)
- Einsatz von KI (36 Prozent)
- Ausbau der Personalvermittlung (36 Prozent)
Bemerkenswert dabei ist, dass der Trend „Digitalisierung“ an Bedeutung verliert: 2023 sahen ihn noch 69 Prozent als Top-Thema.
Zeitarbeit bleibt wichtig, aber andere Geschäftsfelder wie Personalvermittlung oder Upskilling gewinnen an Bedeutung. Das zeigt auch der Blick in die Zukunft: Während 96 Prozent derzeit in der Zeitarbeit aktiv sind, sehen 70 Prozent das größte Wachstumspotenzial in der Personalvermittlung, gefolgt von Upskilling (18 Prozent).
Herausforderungen: Extern kaum beeinflussbar – intern umso mehr
Die größten Herausforderungen aus Sicht der Unternehmen:
- Gesamtwirtschaftliche Entwicklung (64 Prozent)
- Politische Rahmenbedingungen in Deutschland (48 Prozent)
- Recruiting (44 Prozent)
Doch wie kann sich die Branche trotz externer Einflüsse und unsicherer Entwicklungen zukunftsorientiert aufstellen und langfristig neue Perspektiven eröffnen? Für Jens Issel ist es entscheidend, die richtigen Prioritäten zu setzen: „Wir können die Wirtschaft nicht steuern, aber wir können handeln: bei Digitalisierung, Vertrieb und Rekrutierung. Genau hier müssen wir jetzt ansetzen.“
Fazit
Der Industry Pulse zeigt deutlich: Die Branche steht unter Druck, weiß aber auch um ihre Stellschrauben. Digitalisierung und KI bieten enormes Potenzial, werden allerdings zu selten konsequent genutzt. Gerade im Vertrieb fehlen häufig Struktur und Systematik. Gleichzeitig hat die zCom 2025 eines klar gemacht: Wer mutig ist, neue Wege geht und konsequent umsetzt, kann sich in einem herausfordernden Markt entscheidend absetzen.