„Die Zeitarbeit ist essenziell, um gegen den Personalnotstand in unserer Branche anzukämpfen.“
- Dr. Miriam Heyse ist Fachärztin für Neurologie und arbeitet seit Juli 2024 über die Zeitarbeitsfirma doctari.
- Für sie bedeutet Zeitarbeit mehr Flexibilität, mehr Selbstbestimmung und ein höheres Gehalt.
- Im Interview erklärt Heyse, wie sie zur Zeitarbeit kam und warum sie diese einer Festanstellung vorzieht. Außerdem spricht die Fachärztin über die Zukunft der Zeitarbeit im Pflege- und Gesundheitsbereich.
arbeitsblog: Frau Dr. Heyse, wie verlief Ihr bisheriger Werdegang und wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Dr. Miriam Heyse: Vor der Zeitarbeit war ich mehrere Jahre festangestellt – unter anderem in einem kleinen Krankenhaus in Baden-Württemberg und an einer Universitätsklinik, wo ich 2023 meinen Facharzt für Neurologie abgeschlossen habe. Danach habe ich noch knapp ein Jahr in Festanstellung gearbeitet, bis ich im Juli 2024 zu doctari in die Zeitarbeit gewechselt bin. Dort übernehme ich bis heute 24-Stunden-Schichten sowie Nacht-, Feiertags- und Wochenenddienste – hauptsächlich in der Notaufnahme. In der Regel behandle ich Patient*innen mit akuten Erkrankungen des Nervensystems, zum Beispiel Schlaganfällen, und leite die sofortige Diagnostik sowie die notwendige Therapie für diese ein.
arbeitsblog: Was war für Sie der ausschlaggebende Punkt, um von der Festanstellung in die Zeitarbeit zu wechseln?
Dr. Miriam Heyse: Primär war das der Wunsch nach mehr zeitlicher und örtlicher Flexibilität. In der Festanstellung sind Dienstpläne oft starr vorgegeben, was sich vor allem auf den Alltag und den Urlaub auswirkt. Urlaubsanträge werden zwar meist akzeptiert, können allerdings aufgrund des Personalmangels in unserer Branche nie garantiert werden. Bei doctari kann ich selbst entscheiden, wie und wann ich arbeite: Also wann ich Urlaub mache, wann ich eine Wochenend- oder eine Nachtschicht übernehme. Aber auch fachlich profitiere ich durch die Zeitarbeit enorm: Vorher in der Festanstellung habe ich nur die Fachbereiche gesehen, worauf der Standort meiner Festanstellung spezialisiert war. Heute arbeite ich mal mit Fokus auf Akutmedizin, mal auf Reha – und das in großen Kliniken genauso wie in kleinen Praxen. Diese Vielfalt, gepaart mit Flexibilität, macht die Zeitarbeit sehr wertvoll für mich.
Bei doctari kann ich selbst entscheiden, wie und wann ich arbeite: Also wann ich Urlaub mache, wann ich eine Wochenend- oder eine Nachtschicht übernehme.
arbeitsblog: Wie sind Sie auf doctari aufmerksam geworden und wie lief der Bewerbungsprozess ab?
Dr. Miriam Heyse: Noch während meiner Festanstellung in einer Klinik, in der mehrere Honorarärzt*innen gearbeitet haben, habe ich erstmals von doctari gehört. Ich habe mich genauer informiert und kurze Zeit später beworben. Beim Bewerbungsprozess war mir vor allem wichtig, eine/n festen Ansprechpartner*in zu haben – das hat alles wunderbar geklappt und wenige Tage später war alles unter Dach und Fach.
arbeitsblog: Gibt es neben der Flexibilität noch weitere Vorteile, die Sie in der Anstellung über die Zeitarbeit sehen?
Dr. Miriam Heyse: Ganz nüchtern betrachtet ist die Vergütung besser als in einer Festanstellung. Für mich war das allerdings kein ausschlaggebender Faktor. Viel wichtiger war mir, die Arbeit auf meine aktuelle Lebenssituation anpassen zu können.
arbeitsblog: Und wie unterscheiden sich die Arbeitsbedingungen konkret?
Dr. Miriam Heyse: Inhaltlich bleibt die Arbeit gleich, doch Umfeld und Rahmenbedingungen variieren. Manchmal bin ich für mehrere Wochen in einem einzigen Krankenhaus stationiert, manchmal übernehme ich nur zwei Nachtschichten. Heißt natürlich, dass ich mich oft erstmal neu einfinden muss. Wo ist die Intensivstation, wo die Notaufnahme, wie sind die Teams organisiert, welcher Workflow herrscht am Arbeitspatz? Natürlich kann es auch vorkommen, dass ich mal für ein paar Wochen weiter von Zuhause entfernt eingesetzt werde. Ich war auch schon über 100 600 Kilometer weit weg im Einsatz. In so einer Situation muss ich dann eben Abstriche machen: Die Post bleibt liegen und meine Familie sowie Freunde sehe ich seltener.
arbeitsblog: Immer wieder wird über ein Verbot der Zeitarbeit im Gesundheitswesen diskutiert. Wie stehen Sie dazu?
Dr. Miriam Heyse: Das wäre in meinen Augen fatal. Einige Kliniken müssten schließen, weil sie bereits jetzt akuten Personalmangel haben. Ich kenne Kolleg*innen, die in diesem Fall ins Ausland gehen würden. Die Konsequenz wäre, dass am Wochenende oder nachts schlicht kein Personal mehr verfügbar ist, um akute Fälle zu behandeln. Die einzige Alternative ohne Zeitarbeit wäre, die Stammbelegschaft so stark zu belasten, bis diese entweder kündigt oder dem Burn-Out immer näher rückt.
Die einzige Alternative ohne die Zeitarbeit wäre, die Stammbelegschaft so sehr zu belasten, bis diese entweder kündigt oder dem Burn-Out immer näher rückt.
arbeitsblog: Wie sehen Sie die Zukunft der Zeitarbeit in Ihrer Branche?
Dr. Miriam Heyse: Ich halte sie für unverzichtbar. Wir Honorarkräfte sind bereits jetzt wichtige Lückenfüller, die immer dann zur Stelle sind, wenn Personalnotstand herrscht. Das ist natürlich enorm wichtig für die Patient*innen, aber auch für die Stammbelegschaft, die durch uns entlastet wird.
Neben dem Fachkräftemangel kommt der demographische Wandel hinzu. Wir werden als Gesellschaft zunehmend älter. Aus meiner Sicht als Neurologin heißt das: Akute Notfälle wie Schlaganfälle dürften in Zukunft immer häufiger auftreten und der Bedarf an ärztlicher Betreuung steigt.