07.06.2022 Edgar Schröder

Gamechanger in der Preisstrategie

  • Die Personaldienstleistung bewältigt bereits seit Jahren mehrere Herausforderungen gleichzeitig. Auf der einen Seite steht der anhaltende Fachkräftemangel, auf der anderen der Unwille vieler Unternehmen, angemessene Honorare für die erbrachten Recruiting-Leistungen zu bezahlen.
  • Sollte der schleichende Prozess der Margenarmut weiterhin anhalten, sehen die Zukunftsaussichten der Branche eher düster aus.
  • In seinem Blogbeitrag ruft Edgar Schröder dazu auf, tradierte Denkmuster aufzubrechen und Verhandlungen mit Kunden selbstbewusst anzugehen. Der Branchenexperte gibt zudem konkrete Tipps, wie Personaldienstleister bessere Konditionen durchsetzen können.

Seit Mitte der 90er-Jahre beobachte ich in der klassischen Zeitarbeit den schleichenden Prozess der Margenarmut. Der Stundenverrechnungssatz wird von Auftraggebern bzw. deren Einkäufern als Flatrate („All in One“) interpretiert und kompromisslos durchgesetzt. Der historische Akquise-Input, „der Kunde brauche lediglich für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden seitens der Zeitarbeitnehmer Honorar an den Personaldienstleister zu zahlen“, hat sich als Mantra in die Köpfe eingebrannt!

Neue Preisstrategien sind dringend gefragt

Angesichts des sich drastisch verschärfenden Mangels an Fachkräften ist eine radikale Neuausrichtung in der Preisstrategie unausweichlich.

Die Zahlungsgarantie seitens der Kunden muss zur Kompensation stark schwankender Auslastungen in den Überlassungsverträgen als so genannte „Take or Pay“-Klausel etabliert und in der geschäftlichen Praxis konsequent durchgesetzt werden.

Beispiel: Im Überlassungsvertrag werden 35 Wochenstunden als Arbeitszeitregime des Einsatzbetriebes definiert. Sollten auf Grund von Betriebsablaufstörungen oder Lieferengpässen die Zeitarbeitnehmer lediglich 28 Stunden arbeiten können, werden dennoch 35 Wochenstunden mit den maßgeblichen Stundenverrechnungssätzen fakturiert.

Angesichts des sich drastisch verschärfenden Mangels an Fachkräften ist eine radikale Neuausrichtung in der Preisstrategie unausweichlich.

– Edgar Schröder

Edgar Schröder

Grenzen festlegen, Fristen durchsetzen

Darüber hinaus sollten die Abmelde- und Kündigungsfristen gleichermaßen konsequent durchgesetzt werden. Auch hierzu zum besseren Verständnis ein kurzes Beispiel:

In den AGB-Statuten des Überlassungsvertrages ist folgendes hinterlegt: „Der Vertrag kann innerhalb der ersten fünf Arbeitstage mit einer Frist von sieben Kalendertagen gekündigt werden.“ Der Kunde meldet den Zeitarbeitnehmer in der dritten Einsatzwoche am Freitag, 13. Mai 2022, telefonisch ab. Der Personaldisponent weist in dem Telefonat mit Nachdruck auf die Einhaltung der Kündigungsfrist hin, dass der Überlassungsvertrag dementsprechend erst mit Ablauf des 20. Mai 2022 endet. In der Konsequenz resultieren daraus in der Schlussrechnung für den Kunden zusätzliche 35 Wochenstunden, die mit dem relevanten Stundenverrechnungssatz fakturiert werden.

Ich möchte die Entscheidungsträger animieren, tradierte Denkmuster aufzubrechen und zu hinterfragen.

– Edgar Schröder

Der Aspekt Vertragstreue („pacta sunt servanda“) stellt übrigens ein Grundprinzip bzw. Tugend des ehrbaren Kaufmanns dar.

Auch innovative Preismodelle, beispielsweise Gebühren für Mobilität („Shuttle-Service“), Vorstellungstermine sowie die selbstverständliche „24/7-Personalreserve“ dürfen keine Tabus mehr sein!

Das zweite Mantra seitens der Kunden lautet: „So etwas machen alle anderen Zeitarbeitsfirmen nicht!“ Die selbstbewussten Vertriebsprofis werden dieser Einlassung entgegnen: „Besonderer Service zum Nulltarif, das war einmal!“

Mein Statement ist provokativ und möglicherweise für einige Leser „ungeheuerlich“. Ich möchte die Entscheidungsträger animieren, tradierte Denkmuster aufzubrechen und zu hinterfragen.

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