14.10.2019 Redaktion arbeitsblog

Google for Jobs sorgt für Gewinner und Verlierer auf dem Stellenanzeigen-Markt

  • Google will mit seinem Stellenanzeigen-Tool für eine „radikale Veränderung“ sorgen. Jetzt gehen 23 Jobbörsen auf die Barrikaden
  • Die Content-Marketing-Plattform Searchmetrics hat analysiert, welche Stellenangebote seit dem Plattform-Launch ein besseres und welche ein schlechteres Ranking haben
  • Trotz Untersuchung durch die EU könnte Google dank eines Tricks ohne Strafen davonkommen

Disruption ist im Silicon Valley sowas wie der heilige Gral. Dort, wo die US-Tech-Giganten tätig werden, bleibt kein Stein auf dem anderen. Geschäftsmodelle werden neu gedacht, ganze Branchen aus den Angeln gehoben. Was Uber mit der Taxi-Industrie und AirBnb mit der Hotellerie-Branche gemacht haben, könnte Google Jobs mit dem Markt für Stellenanzeigen planen – nämlich ihn umzukrempeln.

Althergebrachtes ist den Algorithmus-Firmen aus Kalifornien genauso ein Dorn im Auge wie die „Das war doch schon immer so“-Mentalität. Entsprechend kämpferisch zeigte sich Google bei der Einführung seines neuen Angebots „Google for Jobs“ im Jahr 2017 in den USA und seit April 2019 auch in Deutschland. Von einer „radikalen Veränderung“ auf dem Jobmarkt war die Rede, die sowohl den Suchenden bessere Ergebnisse liefern soll als auch den großen Jobbörsen – die sich mit Google zusammentun – eine höhere Trefferquote verspricht.

Das Google-Tool wird Suchenden direkt im oberen Bereich der Ergebnisseite angezeigt. Prominenter geht es kaum.

Genau hier liegt aber auch das Problem: Die schiere Marktmacht vom US-Milliarden-Konzern sorgt in der EU, allen voran in Deutschland, für Unmut. Die europäischen Wettbewerbshüter sehen sich aktuell mit einer Beschwerde von 23 Stellenbörsen konfrontiert, die bemängeln, dass Google for Jobs die marktbeherrschende Stellung der Suchmaschine ausnutzt.

Nur Partner profitieren
Einer der Hauptvorwürfe, der im Zusammenhang mit dem neuen Job-Tool gegen Google erhoben wurde, war, dass der Konzern alles dafür tue, die Suchenden noch länger in seinem eigenen Universum zu behalten, „ohne dass dabei die üblichen Marketing-Ausgaben für Job-Anzeigen fällig werden“, heißt es in der Beschwerde.

Die Content-Marketing-Plattform Searchmetrics hat nun die „Verlierer und Gewinner der Job-Portale in Deutschland“ untersucht und dabei versucht herauszufinden, wie disruptiv Google mit seinem neuen Geschäftsmodell wirklich ist. Die wichtigste Frage dabei: Welche der Job-Portale, die bislang weit oben im Ranking standen, wurden von dem neuen Widget nach unten verdrängt. In Klickzahlen übersetzt bedeutet das: Welche der Klick-Riesen werden jetzt eher Klick-Zwerge? Oder gibt es gar keine Verlierer?

Es zeigt sich, dass die Sichtbarkeit von vier Stellenbörsen im Google-Tool überwiegt. Xing, stellenanzeigen.de, LinkedIn und Monster schaffen es am häufigsten unter die Top3-Platzierung des Widgets.

– Die Analyse von Searchmetrics spricht Bände:

Das Google-Jobs-Widget wird gleich oben auf der Seite als Top-Suchergebnis ausgespielt. Ein Klick auf eine Stellenanzeige, führt zu einer Unterseite, die ebenfalls von Google ist. Erst, wenn der User auf „Bewerben“ klickt, gelangt er zur Seite der jeweiligen Jobbörse. Den Job-Börsen entgehen also nicht nur Klicks, da sie weiter unten erst als direkte Treffer aufgeführt werden, der erste Klick aufs Widget führt den Betrachter zudem nicht auf eine fremde Unterseite, sondern behält sie im Google-Universum. Die Amerikaner profitieren also doppelt. Bereits im Jahr 2017 verhängte die EU wegen ähnlicher Vorgehensweisen bei Google Shopping ein Bußgeld in Milliardenhöhe (2,4 Mrd. Euro) und zwang den Konzern zu Nachbesserungen. Droht den Amerikaner erneut eine EU-Klatsche oder haben sie aus den Fehlern der vergangenen Jahre gelernt?

Wer es in die Top3 der Treffer schafft, dürfte am meisten profitieren. Erst ein Klick auf den Link am Widget-Ende gibt weitere Ergebnisse preis.

Die Analyse von Searchmetrics zeigt, dass die Sichtbarkeit von vier Stellenbörsen im Google-Tool überwiegt: Xing (21 Prozent), stellenanzeigen.de (9 Prozent), LinkedIn (7,6 Prozent) und Monster (5,4 Prozent) schaffen es also am häufigsten unter die Top3-Platzierung des Widgets. Zu den restlichen Ergebnissen kommt man lediglich durch einen Klick auf „weitere Stellenangebote“.

Die Verlierer des neuen Tools
„Einige Stellenbörsen haben eine Zusammenarbeit mit Google Jobs grundsätzlich verweigert, indem sie ihre Job-Anzeigen nicht mit dem Markup versehen, das Google für das einfache Crawling von Job-Anzeigen vorgeschlagen hat; dazu gehört etwa die Springer-Tochter Stepstone“, heißt es in der Searchmetrics-Analyse. Es wundert daher kaum, dass Stepstone zu den großen Verlieren gehört. Gleiches gilt für die Jobbörse Indeed, die ebenfalls nicht den Google-Markup verwendet.

Beide Unternehmen hatten vor der Markteinführung von Google for Jobs ein starkes organisches Ranking zu verzeichnen, wurden nun jedoch vom Jobs-Widget nach unten verdrängt. Die SEO-Experten von Searchmetrics gehen in ihrer Analyse daher davon aus, dass sie viel Traffic verloren haben. Das wiederum könnte Wasser auf die Mühlen der Beschwerdeführer gegen Google sein.

Trickst sich Google zum Erfolg?
Offenbar wollte sich Google gegen Kritik bereits im Vornherein absichern und hat dazu oberhalb des Jobs-Widgets einen weiteren Kasten auf der Ergebnisseite eingefügt, der die organischen Top5-Treffer als kleine Schaltfläche zusammenfasst. Abzuwarten bleibt, ob Google seinen Kritikern damit den Wind aus den Segeln nehmen kann. Denn: Einerseits wurden die organischen Link-Treffer vom Widget nach unten verdrängt, haben dafür aber einen Kasten im oberen Bereich dazubekommen. Inwiefern die User die neue Optik annehmen, muss sich erst noch zeigen.

Mit der schmalen Ergebnisleiste oberhalb des Tools könnte Google den Kritikern ein Schnippchen schlagen. Dort werden die Treffer kurz angerissen, die vom Widget verdrängt wurden.

Fazit
Die Datenanalyse verdeutlicht, es gibt klare Gewinner und Verlierer durch Google for Jobs. Ob der Internet-Riese den Markt umkrempeln wird, bleibt abzuwarten. Das hehre Ziel, ein verbessertes Angebot für Jobsuchende zu generieren, klingt von offizieller Unternehmensseite zwar schön, ist als alleiniger Grund für den Schritt aber eher unwahrscheinlich. Immerhin ist im Markt viel Geld zu verdienen und die Verweildauer auf den Google-eigenen Seiten spielt für das Unternehmen eine erhebliche Rolle.


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