Mehr als Zahlen: Warum die Abrechnung zur strategischen Schlüsselstelle wird
- Regulatorische Änderungen, variable Vergütungsmodelle und Fachkräftemangel machen die Abrechnung in der Zeitarbeit anspruchsvoller denn je und sorgen dafür, dass sich Fehler sofort wirtschaftlich auswirken.
- Die zunehmende Automatisierung kann Entlastung bringen, doch sie ersetzt nicht die Expertise erfahrener Lohnabrechner*innen.
- Im Interview zeigt Profitask-Gründer Claudio Gomes, wie Personaldienstleister ihre Abrechnung zukunftsorientiert aufstellen und somit Kosten senken und Risiken minimieren.
arbeitsblog: Hallo Claudio, kaum eine Branche hat so komplexe Abrechnungsprozesse wie die Zeitarbeit. Was sind aus deiner Sicht aktuell die größten Herausforderungen?
Claudio Gomes: Die größte Herausforderung liegt in der ständig wachsenden Regulierung: Neue Tarifverträge, Branchenzuschläge, Mindestlohnanpassungen, Equal-Pay-Vorgaben oder das Arbeitnehmerentsendegesetz erfordern enormes Fachwissen und Systeme, die sich laufend anpassen können.
Gleichzeitig erwarten Mitarbeitende heute, ihre Abrechnung nachvollziehen und verstehen zu können – was in der Zeitarbeit mit ihren vielen Zuschlägen, Regelungen und Ausnahmen eine echte Herausforderung ist. Wir brauchen also maximale Genauigkeit bei höchster Effizienz, denn die Kosten können andernfalls schnell explodieren.
Durch den Fachkräftemangel werden Zeitarbeitsunternehmen zudem immer kreativer bei ihren Vergütungsmodellen, um Bewerber*innen zu gewinnen und zu binden, was die Abrechnung zusätzlich komplexer macht. Wir bei Profitask kennen diese Problematik und setzen deshalb auf klare, durchdachte Abläufe, die individuell auf unsere Kund*innen zugeschnitten sind und höchste Qualität sowie Rechtssicherheit gewährleisten.
arbeitsblog: Viele Unternehmen kämpfen mit Fachkräftemangel – trifft das auch die Abrechnungsabteilungen?
Claudio Gomes: Ja, ganz klar, das spüren wir in der Branche deutlich. Gute Lohnabrechner*innen mit Erfahrung in der Zeitarbeit sind schwer zu finden, weil das Wissen sehr speziell ist und die Anforderungen permanent steigen. Viele Unternehmen kommen deshalb an ihre Grenzen und müssen sich entscheiden: Entweder sie investieren viel Zeit in Ausbildung und Einarbeitung – oder sie lagern diesen Bereich an Spezialist*innen aus, um Sicherheit und Qualität zu gewährleisten.
Wir brauchen also maximale Genauigkeit bei höchster Effizienz, denn die Kosten können andernfalls schnell explodieren.
arbeitsblog: Welche Folgen hat es, wenn Know-how in der Lohn- und Fakturaabteilung verloren geht?
Claudio Gomes: Das hat meist spürbare Folgen. In der Zeitarbeit hängt unglaublich viel vom Detailwissen einzelner Mitarbeitender ab – von der korrekten Anwendung der Tarifverträge bis zur sauberen Faktura an die Kundenunternehmen. Geht dieses Wissen verloren, schleichen sich schnell Fehler ein, Prozesse dauern länger und die Qualität leidet.
Oft wird das erst bemerkt, wenn es schon zu spät ist – etwa durch fehlerhafte Abrechnungen, Reklamationen oder unnötige Nachzahlungen. Gleichzeitig entsteht eine große Abhängigkeit von einzelnen Personen, was die Organisation insgesamt anfälliger macht.
Um gleich von vornherein vorzubeugen, ist es essenziell, Wissen zu standardisieren, Abläufe klar zu strukturieren und die Systeme so aufzubauen, dass sie auch bei personellen Veränderungen reibungslos funktionieren. Darauf achten wir bei Profitask besonders, um unsere Kund*innen dauerhaft zuverlässig und rechtssicher abrechnen zu können.
arbeitsblog: Wie stark können Automatisierung und Software heute wirklich entlasten und wo bleibt die menschliche Expertise unverzichtbar?
Claudio Gomes: Automatisierung und moderne Software können heute enorm entlasten – insbesondere bei standardisierten Abläufen wie der Datenübernahme, Plausibilitätsprüfung oder der Verarbeitung von Stunden- und Zeitdaten. Das spart Zeit und reduziert Fehler.
Aber: In der Zeitarbeit stößt die reine Automatisierung schnell an ihre Grenzen. Jede Kundensituation ist anders, denn die komplexen regulatorischen Anforderungen, die vom Markt geforderte und stetig wachsende Flexibilität sowie die notwendige Kreativität, um Bewerber*innen zu gewinnen, lassen sich nicht vollständig standardisieren. Genau hier bleibt die menschliche Expertise unverzichtbar.
Unsere Erfahrung zeigt: Die beste Lösung ist eine Kombination aus intelligenter Automatisierung, die Routinearbeiten übernimmt, und fachlich starken Menschen, die Sonderfälle erkennen, richtig bewerten und im Sinne des Kunden entscheiden.
Zeitarbeitsunternehmen sind die ersten, die leiden, wenn die Wirtschaft schrumpft – und genauso die ersten, die wieder gefragt sind, sobald die Konjunktur anzieht.
arbeitsblog: Welche Risiken entstehen durch fehlerhafte oder unvollständige Abrechnungen, auch im Hinblick auf Haftung oder Audits?
Claudio Gomes: Fehlerhafte oder unvollständige Abrechnungen können in der Zeitarbeit schnell erhebliche Folgen haben. Auf operativer Ebene führen sie zu Nachzahlungen, Kundenreklamationen oder unnötigem Mehraufwand für Korrekturen. Auf rechtlicher Ebene steigt das Risiko deutlich: Bei Audits oder Betriebsprüfungen – zum Beispiel durch die Bundesagentur für Arbeit – können Fehler nicht nur zu Bußgeldern, sondern im schlimmsten Fall auch zum Entzug der Erlaubnis führen.
Deshalb ist es entscheidend, Abrechnungsprozesse sauber, nachvollziehbar und rechtssicher zu gestalten. Bei Profitask sorgen wir durch klar strukturierte Abläufe und fachlich erfahrene Teams dafür, dass unsere Kund*innen diese Risiken minimieren können.
arbeitsblog: Welche politischen und rechtlichen Änderungen (Tarifangleichungen, Mindestlohnerhöhungen, AÜG etc.) sorgen derzeit für den größten Druck?
Claudio Gomes: Der größte Druck für die Zeitarbeit entsteht derzeit vor allem durch die Wirtschaftsflaute. Zeitarbeitsunternehmen sind die ersten, die leiden, wenn die Wirtschaft schrumpft – und genauso die ersten, die wieder gefragt sind, sobald die Konjunktur anzieht. Das Problem: Niemand weiß genau, wann dieser Aufschwung kommt.
Gleichzeitig hat die Branche in den letzten Jahren fast die Hälfte ihrer Mitarbeitenden verloren, was den Preisdruck enorm erhöht. In einer solchen Lage verschärfen steigende Mindestlöhne, höhere Tariflöhne oder Branchenzuschläge die Situation zusätzlich und erschweren die Kalkulation.
arbeitsblog: Wie sollten Dienstleister ihre Prozesse aufstellen, um die Abrechnung als Wettbewerbsvorteil zu nutzen?
Claudio Gomes: In Zeiten von Fachkräftemangel, wirtschaftlicher Unsicherheit und hohem Preisdruck sind zufriedene Kund*innen und motivierte Mitarbeitende Gold wert. Dienstleister sollten ihre Abrechnungsprozesse so aufstellen, dass Fehler und Rückfragen möglichst vermieden werden. Je weniger Beanstandungen es auf allen Seiten gibt, desto treuer bleiben Kund*innen und Mitarbeitende – und gleichzeitig spart man unnötige Kosten für Korrekturen und Nacharbeiten. Eine verlässliche Abrechnung wird damit selbst zum Wettbewerbsvorteil.
arbeitsblog: Wie verändert sich die Rolle der Abrechnungsabteilung durch Digitalisierung und Schnittstellenintegration (etwa Zeiterfassung, Disposition, Buchhaltung)?
Claudio Gomes: Damit gewinnt die Abrechnungsabteilung deutlich an Freiraum. Routineaufgaben, die wenig motivierend sind, müssen nicht mehr von erfahrenen Mitarbeitenden erledigt werden. Dadurch bleibt mehr Zeit für die komplexeren Prozesse, die sich nicht automatisieren lassen, was wiederum die Flexibilität erhöht. Die Fachkenntnisse der Mitarbeitenden kommen gezielt dort zum Einsatz, wo sie wirklich gebraucht werden, und sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren. Unter dem Strich führt das zu Kosteneinsparungen, höherer Effizienz und der Möglichkeit, mit den gleichen Ressourcen mehr Volumen abzuwickeln, ohne dass die Qualität leidet.
arbeitsblog: Was würdest du Geschäftsführer*innen raten, die ihre Abrechnung „fit für die Zukunft“ machen wollen?
Claudio Gomes: Wenn Geschäftsführer*innen die Abrechnung fit für die Zukunft machen wollen, sollten sie zuerst prüfen, ob das notwendige Know-how im Unternehmen vorhanden ist. Wenn ja, dann gilt es, alles daranzusetzen, dieses Wissen zu sichern – und die Mitarbeitenden, die es tragen, langfristig zu binden. Dazu gehört, dass sie sich im Unternehmen wohlfühlen, regelmäßig geschult werden und ihr Wissen laufend auffrischen können.
Gleichzeitig sollten die Prozesse so aufgebaut sein, dass sie auch dann stabil weiterlaufen, wenn einmal jemand ausfällt oder das Unternehmen verlässt. Nichts ist gefährlicher, als wenn Abläufe an einzelnen Personen hängen oder sich eine Abteilung nach dem Motto „das läuft schon“ verselbständigt. Hier ist regelmäßige Aufmerksamkeit und Führung gefragt.
Wenn aber das belastbare Know-how fehlt oder ein Ausfall droht, sollte man nicht in teure und unsichere Rekrutierungsversuche investieren, sondern auf einen spezialisierten externen Partner setzen. Mit Profitask zum Beispiel hat man eine schnelle, kosteneffiziente und rechtssichere Lösung, die sich innerhalb kürzester Zeit implementieren lässt – ohne das Risiko, dass Rechnungen nicht gestellt oder Mitarbeitende nicht abgerechnet werden können.
arbeitsblog: Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Wie sieht die Abrechnung in der Personaldienstleistung im Jahr 2030 aus?
Claudio Gomes: Im Jahr 2030? Na ja, wahrscheinlich wird die Abrechnung dann von der KI übernommen – das ist doch ganz klar! Spaß beiseite: Ich glaube, dass die Abrechnung in der Personaldienstleistung deutlich digitaler und automatisierter sein wird – das ist denke ich kein Geheimnis –, aber der Mensch bleibt trotzdem unverzichtbar.
Systeme werden in Zukunft Daten aus Zeiterfassung, Disposition und Buchhaltung weitgehend automatisch verarbeiten, Plausibilitätsprüfungen übernehmen und in Echtzeit auswertbare Informationen liefern. Routineaufgaben werden dadurch fast vollständig verschwinden.
Gleichzeitig wird die fachliche Kompetenz der Mitarbeitenden noch wichtiger, weil sie zum einen die KI überwachen, anleiten und implementieren müssen und zum anderen, weil ich überzeugt bin, dass die eingesparten Ressourcen die Anzahl und die Komplexität der Sonderfälle erhöhen werden – und hier wird die KI an ihre Grenzen stoßen.
Der Fokus wird also auf Kontrolle, Qualitätssicherung und Beratung liegen, statt auf reiner Datenerfassung.
arbeitsblog: Vielen Dank für das Gespräch!