20.10.2025

„Ohne die Zeitarbeit wäre das System längst kollabiert.“

  • Dr. Marcel von Rauchhaupt ist Facharzt für Psychiatrie und arbeitet über doctari als Honorarkraft.
  • Auf die Zeitarbeit ist er bereits während seiner Studienzeit gestoßen – eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut.
  • Im Interview erzählt Dr. von Rauchhaupt, welche Vorteile er aus der Zeitarbeit zieht und warum Honorarkräfte unverzichtbar für die Pflege- und Gesundheitsbranche sind.

arbeitsblog: Hallo Herr Dr. von Rauchhaupt, wie sind Sie zur Zeitarbeit gekommen?

Dr. Marcel von Rauchhaupt: Ich wusste schon sehr früh, dass ich einmal in der Psychiatrie arbeiten möchte. Also habe ich Medizin studiert und stand am Ende vor einem beachtlichen Studienkredit von 50.000 Euro – obwohl ich parallel schon gearbeitet hatte. Für mich war klar: Eine Lösung musste her. Über eine Freundin hörte ich dann von doctari und ließ mich darüber als Assistenzarzt vermitteln. Das hat sich dann schnell verselbstständigt: Ich arbeitete immer mehr über die Zeitarbeit und irgendwann beschloss ich, in Vollzeit als Honorarkraft bei doctari anzufangen. Diese Entscheidung habe ich bis heute nie bereut. 

arbeitsblog: Welche Vorteile ziehen Sie konkret aus der Zeitarbeit?

Dr. Marcel von Rauchhaupt: Das Schönste an der Zeitarbeit ist definitiv die Abwechslung. Welcher Arzt kann schon behaupten, in 17 Psychiatrien mit verschiedenen Ausrichtungen in ganz Deutschland gearbeitet zu haben? In der Festanstellung war es nach ein bis zwei Jahren so, dass ich die Abläufe in der Klinik in und auswendig kannte. Jetzt helfe ich immer wieder neuen Menschen mit vielfältigen Krankheitsbildern. Der zweite große Vorteil ist ganz klar der Lohnunterschied – das brauche ich nicht zu verschweigen.

Das Schönste an der Zeitarbeit ist definitiv die Abwechslung. Welcher Arzt kann schon behaupten, in 17 Psychiatrien mit verschiedenen Ausrichtungen in ganz Deutschland gearbeitet zu haben? 

– Dr. Marcel von Rauchhaupt

arbeitsblog: Thema Abwechslung – wie lange bleiben Sie an einem Standort?

Dr. Marcel von Rauchhaupt: Manchmal bleibe ich nur ein paar Wochenenden, manchmal auch länger – das ist ganz unterschiedlich. In Hamburg habe ich zum Beispiel vier Monate gelebt und gearbeitet. Man lernt ständig neue Leute kennen, erlebt andere Städte und Bundesländer und bekommt Einblicke in immer wieder neue Fachbereiche. Genau das ist für mich das Schönste an der Zeitarbeit.

arbeitsblog: Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit doctari?

Dr. Marcel von Rauchhaupt: Bestens. Seit dem ersten Tag genieße ich ein sehr vertrauensvolles und offenes Arbeitsverhältnis zu doctari. Das fängt beim „per Du“ an und reicht bis zu den persönlichen Ansprechpartner*innen, die immer ein offenes Ohr haben und mit denen ich auch außerhalb der Arbeit sehr gut vernetzt bin.

arbeitsblog: Wie sehen Sie das Bild der Zeitarbeit in Ihrer Branche?

Dr. Marcel von Rauchhaupt: Aus meinem Alltag weiß ich: Es gibt Ärzt*innen, die uns Honorarkräfte im ersten Moment direkt ablehnen. Das verstehe ich auch – schließlich bietet die Zeitarbeit höhere Flexibilität bei der Arbeitseinteilung und bessere Bezahlung Schade finde ich, dass die Politik nicht dafür sorgt, festangestelltes Personal aus der Pflege- und Gesundheitsbranche fair zu bezahlen. Denn genau das ist die Ursache für solche Vorbehalte. Die Patient*innen dagegen sind einfach froh, wenn jemand da ist, der ihnen hilft. Ob ich festangestellt bin oder nur temporär im Einsatz bin, ist ihnen egal.

arbeitsblog: In der Politik wird auch immer wieder darüber diskutiert, die Zeitarbeit in Ihrer Branche zu verbieten. Wie stehen Sie dazu?

Dr. Marcel von Rauchhaupt: Ganz ehrlich? Dann würde das System völlig kollabieren. Schon jetzt herrscht akute Personalmangel in den psychiatrischen Einrichtungen – schließlich entscheiden sich die wenigsten Ärzt*innen nach sechs Jahren Studium für die Psychiatrie. Hinzu kommt, dass der Bedarf an psychologischer Behandlung in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen ist. Wir Honorarkräfte sind es, die das sinkende Schiff gerade so über Wasser halten. Ich habe schon in Kliniken gearbeitet, die Stationen schließen mussten, weil sie kein Personal mehr finden konnten. Teilweise werde ich nachts angerufen, ob ich nicht spontan in ein paar Stunden eine Schicht übernehmen könne. Auf dem Weg dorthin frage ich mich dann: „Was würde die Klinik jetzt tun, wenn es keine Honorarärzte gäbe?“

Wir Honorarkräfte sind es, die das sinkende Schiff gerade so über Wasser halten. 

– Dr. Marcel von Rauchhaupt

arbeitsblog: Was müsste passieren, damit sich das Bild der Zeitarbeit in Ihrer Branche ändert und die Probleme, die Sie beschrieben haben, gelöst werden?

Dr. Marcel von Rauchhaupt: Ganz klar: Es braucht eine bessere Gesundheitspolitik, die die Zeitarbeit in ein besseres Licht rückt und nicht mehr als Sündenbock hinstellt. Denn die Diskussion um ein Verbot ist in meinen Augen absurd – ohne uns würde das System längst nicht mehr funktionieren. Und die Situation wird sich in absehbarer Zeit nicht verbessern. Ich fände es sinnvoll, wenn Politiker*innen, die solche Forderungen stellen, einmal selbst eine 24-Stunden-Schicht in der Psychiatrie mitmachen würden. Ich bin gespannt, ob sie danach noch die gleiche Ansichtsweise vertreten. Denn die Psychiatrie ist ein Knochenjob, den man wirklich wollen muss. Ich habe schon etliche schwierige Fälle behandelt, bei denen Patient*innen auch mal handgreiflich wurden. Solange sich in der Politik nichts ändert, tun wir Honorarkräfte dennoch unser Bestes, um den Menschen zu helfen.

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