„Zeitarbeit ist ein Schlüssel zur Integration“
- Fürst Personal versteht sich als regional verwurzelter, kompetenzstarker Personaldienstleister mit hoher Fachqualifikation im eigenen Team und enger Verbindung zu Unternehmen wie Bewerbenden.
- Mathias Buchzik, Leiter Operative im Geschäftsfeld Personaldienstleistung bei der Moritz Fürst GmbH & Co. KG, betont im Interview die Rolle der Zeitarbeit als Einstiegschance und Integrationsmotor – besonders für Menschen mit Migrationshintergrund, die Orientierung und Beschäftigung suchen.
- Mit Blick auf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz fordert Buchzik mehr politische Anerkennung und Einbindung der Branche sowie den Abbau gesetzlicher Hürden wie der Höchstüberlassungsdauer.
arbeitsblog: Herr Buchzik, die Fürst Gruppe ist seit über einem Jahrhundert in Familienbesitz. Was zeichnet das Unternehmen heute aus – besonders im Bereich Personal?
Mathias Buchzik: Die Fürst Gruppe steht für Kontinuität, Verantwortung und regionale Verwurzelung. Unsere Dienstleistungen sind in vier große Geschäftsbereiche gegliedert: Reinigung, Sicherheit, Industrieservice und eben die Personaldienstleistung, für die ich als operativer Leiter an den Standorten Nürnberg und Roth verantwortlich bin. Viele kennen Fürst zwar vor allem als Reinigungsdienstleister – das liegt in der Historie. Immerhin gibt es das Unternehmen seit 1906. Aber unser Personalbereich hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu einem eigenständigen, wichtigen Geschäftsfeld entwickelt: von der klassischen Arbeitnehmerüberlassung hin zu einem echten Partner für die Personalvermittlung im gewerblichen und kaufmännischen Bereich.
arbeitsblog: Wie hebt sich Fürst Personal in einem umkämpften Markt ab?
Mathias Buchzik: Wir sind kein Konzern, sondern ein inhabergeführtes Familienunternehmen. Unsere Stärke ist die Nähe zu den Menschen, zu den Betrieben, zur Region. Wir kennen die Lebensläufe hinter den Bewerbungen – und die Anforderungen in den Unternehmen. Dieses persönliche Verständnis ist unser größtes Kapital.
In unserem Vertrieb und in der Disposition haben zudem sechs von sieben Mitarbeitenden eine berufsspezifische Ausbildung im Bereich Personaldienstleistung. Das ist eher unüblich in der Branche, in der viele Quereinsteiger*innen arbeiten, und zeugt von hoher Kompetenz.
Als Teil einer Unternehmensgruppe mit rund 3.500 Mitarbeitenden bieten wir unseren Kund*innen Stabilität, gerade in Krisenzeiten. Für viele Unternehmen ist das Thema Subsidiärhaftung ein sensibles Thema. Wir nehmen diese Sorge ernst und bieten hier Verlässlichkeit und Sicherheit.
arbeitsblog: Welche Herausforderungen beschäftigen Sie aktuell im operativen Alltag?
Mathias Buchzik: Das sogenannte „Matching“ wird zunehmend schwieriger. Die Anforderungen an Bewerber*innen steigen, während das Qualifikationsniveau oft nicht mitwächst. Früher gab es noch mehr einfache Tätigkeiten wie Verpackungsarbeiten. Heute übernehmen Maschinen viele dieser Aufgaben. Gleichzeitig werden spezielle Kenntnisse, etwa in SAP oder im Umgang mit Maschinen – Stichwort Robotik und CNC-Programmierung – , immer wichtiger. Es gibt außerdem eine gesellschaftliche Tendenz, bestimmte Berufe weniger wertzuschätzen – darunter fallen besonders Jobs aus dem Dienstleistungssektor.
Es gibt eine gesellschaftliche Tendenz, bestimmte Berufe weniger wertzuschätzen – darunter fallen besonders Jobs aus dem Sektor der Dienstleistung, dem Handwerk und in Teilen einige Berufe aus der Industrie. Dabei braucht es alle: Kassierer*innen, Reinigungskräfte, Pflegepersonal, Handwerker*innen – und viele weitere. Ohne sie funktioniert unser Alltag nicht.
arbeitsblog: Womit hängt die mangelnde Wertschätzung zusammen?
Mathias Buchzik: Die mangelnde Wertschätzung hängt aus unserer Sicht mit einem über Jahrzehnte gewachsenen gesellschaftlichen Narrativ zusammen: Abitur und Studium galten lange als das Maß aller Dinge, während viele praktische, systemrelevante Berufe kaum Anerkennung fanden. Dabei braucht es alle: Kassierer*innen, Reinigungskräfte, Pflegepersonal, Handwerker*innen – und viele weitere. Ohne sie funktioniert unser Alltag nicht. Es muss ein grundlegendes Umdenken stattfinden, wie in Familien, Schulen und Medien über bestimmte Berufe gesprochen wird. Vieles beginnt schon im Elternhaus – etwa bei der Frage, welche Berufswege als „erstrebenswert“ gelten. Wir erleben täglich, wie viel Kompetenz, Verantwortung und Engagement in diesen Tätigkeiten steckt, und setzen uns bewusst für mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung ein.
arbeitsblog: Welche Rolle spielt Ihre Arbeit bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt?
Mathias Buchzik: Eine sehr zentrale. Etwa die Hälfte unserer eingesetzten Mitarbeitenden hat keinen deutschen Pass. Zeitarbeit ist oft der erste Schritt in Beschäftigung, besonders für Menschen, die neu in Deutschland sind. Sie finden bei uns nicht nur Arbeit, sondern auch Orientierung. Wir helfen beim Onboarding, erklären Arbeitsweisen, klären Erwartungen und vermitteln zwischen Kulturen. Zeitarbeit leistet hier einen echten Beitrag zur Integration – aber das wird gesellschaftlich wie politisch zu selten anerkannt.
Zeitarbeit leistet einen echten Beitrag zur Integration – aber das wird gesellschaftlich wie politisch zu selten anerkannt.
arbeitsblog: Ein gutes Stichwort: Welche Erwartungen haben Sie an die Politik?
Mathias Buchzik: Wir wünschen uns mehr Einbindung sowohl auf gesetzgeberischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Es gibt viele politische Debatten zur Fachkräftezuwanderung, aber kaum eine berücksichtigt die Rolle der Zeitarbeit. Dabei wären wir ein logischer Partner, um Menschen in Arbeit zu bringen – schnell, flexibel und praxisnah. Dass unsere Branche beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2024 bewusst ausgeklammert wurde, ist ein Rückschritt.
arbeitsblog: Was würde es aus Ihrer Sicht brauchen?
Mathias Buchzik: Zum einen den Abbau gesetzlicher Hürden wie die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Diese Regelung wirkt sich in der Praxis sowohl für Kundenbetriebe als auch für Dienstleister und für die eingesetzten Arbeitskräfte in vielen Fällen zum Nachteil für die Betroffenen aus. Zum anderen eine echte Imagekorrektur der Zeitarbeit: Wir sind nicht die „letzte Lösung“, sondern ein verlässlicher Einstieg. Mit gezielten Kampagnen, Förderprogrammen und mehr politischer Anerkennung könnten wir unsere Rolle für Integration, Qualifizierung und Fachkräftesicherung noch besser erfüllen. Davon würde letztlich die ganze Gesellschaft profitieren.
arbeitsblog: Vielen Dank für das nette Gespräch!
Mathias Buchzik
Mathias Buchzik ist seit 2016 in der Personaldienstleistungsbranche tätig. Nach seiner Ausbildung zum Personaldienstleistungskaufmann absolvierte er den Bachelor Professional of Human Resources Management (CCI). Anschließend übernahm er zwei Jahre lang die Verantwortung für ein umfangreiches Master Vendor Projekt bei einem großen M+E-Betrieb in Mittelfranken. Seit März 2023 leitet er bei der Moritz Fürst GmbH & Co. KG den Geschäftsbereich Personaldienstleistung.