13.07.2021 Stephanie Werther

Arbeit(en) 4.0: ergebnisorientiert und vertrauensbasiert

  • In der Arbeitswelt kursieren derzeit diverse Schlagworte, die sich vor allem mit Ausbruch der Corona-Pandemie schlagartig verbreitet haben: Homeoffice, mobiles Arbeiten, Telearbeit, New Work … Die einzelnen Modelle haben sowohl Gemeinsamkeiten als auch deutliche Unterschiede.
  • (Update vom 23.11.2021) Nachdem die Homeoffice-Pflicht zunächst zum 1. Juli 2021 aufgelaufen war, tritt sie mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes am 24. November 2021 erneut in Kraft.
  • Auch abgesehen von der im Gesetz verankerten Regelung möchten zahlreiche Angestellte die Flexibilität der vergangenen Monate nicht aufgeben. Und tatsächlich haben bereits viele Unternehmen angekündigt, weiterhin hybrid zu arbeiten. Doch damit das auf lange Sicht für alle Beteiligten gut funktioniert, gilt es einige Besonderheiten zu beachten.
  • Wie man das Arbeiten ohne festen Schreibtisch rechtssicher umsetzt und langfristig etabliert, weiß Stephanie Werther von tutum.

Mit Corona kam das Homeoffice. Nach Angaben des Verbandes Bitkom arbeiteten im Dezember 2020 rund 10,5 Millionen Beschäftigte ausschließlich im Homeoffice, weitere 8,3 Millionen zumindest teilweise. Viele sagen sogar, das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben – und das aus guten Gründen. Mehr Flexibilität und eine bessere Work-Life-Balance gehören zu den Vorteilen. Zumindest in der Theorie.

In der Praxis allerdings sieht es in vielen Wohnungen eher chaotisch aus. Zahlreiche Menschen sitzen mit ihren Notebooks am Küchentisch oder haben ihren vorläufigen Arbeitsplatz in einer freien Ecke des Wohn- oder Schlafzimmers aufgebaut. Von Ergonomie kann hierbei häufig nicht die Rede sein. Hinzu kommt, dass viele Eltern mit Arbeit und Kinderbetreuung jonglieren – und letztlich das frustrierende Gefühl haben, keines davon wirklich zufriedenstellend zu bewerkstelligen. Dass diese Ausnahmesituation keine dauerhafte Lösung ist, daran besteht kein Zweifel.

Von der Ausnahme zum Daily Business

Fakt ist aber: Die meisten Berufstätigen und auch immer mehr Arbeitgeber sind inzwischen offen für neue, moderne Arbeitskonzepte. Diese Einstellung bildet das Grundgerüst und ist die wichtigste Voraussetzung für die künftige Umsetzung. Darüber hinaus gibt es natürlich noch die rechtlichen Voraussetzungen, die in der Praxis erfüllt werden müssen.

Homeoffice vs. mobiles Arbeiten: Liegen die Unterschiede ausschließlich in der sprachlichen Begrifflichkeit?

Sehen wir uns die Formen des Arbeitens außerhalb des klassischen Büroarbeitsplatzes einmal genauer an. Anfang Oktober 2020 hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil einen ersten Gesetzesentwurf vorgelegt, der das Recht auf „mobiles Arbeiten“ regeln soll. Die meisten Arbeitnehmenden hingegen sagen einfach „Ich bin im Homeoffice“. Beide Arbeitsweisen sind jedoch nicht gleichzusetzen, denn sie haben rechtlich gesehen jeweils unterschiedliche Anforderungen.

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Stephanie Werther

Genau geregelt: das Homeoffice

Von Homeoffice wird dann gesprochen, wenn Mitarbeitende ihre Aufgaben tatsächlich von zu Hause aus erledigen – eine fest vorgeschriebene gesetzliche Definition gibt es aber (noch) nicht. Wenn Homeoffice vereinbart wird, bedeutet dies einige Verpflichtungen für den Arbeitgeber. So muss er dafür sorgen, dass der Heimarbeitsplatz genauso den gesetzlichen Anforderungen gerecht wird, wie das beim klassischen Büroarbeitsplatz der Fall ist. Unter anderem muss der Arbeitgeber bei jedem Angestellten überprüfen, ob der Arbeitsschutz gewährleistet ist und für die Einrichtung eines Arbeitsplatzes sorgen, der den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung entspricht – etwa im Hinblick auf die Ergonomie. Und auch im Homeoffice gilt das Arbeitszeitgesetz. Der Arbeitgeber ist also verpflichtet, die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie von Ruhepausen und Ruhezeiten sicherzustellen.

Wenn das Homeoffice nicht nur gelegentlich oder vorübergehend ist, sondern dauerhaft an einem fest installierten Arbeitsplatz zu Hause stattfindet, wird es übrigens nach § 2 Abs. 7 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) als Telearbeit bezeichnet.

Die „lockerere“ Variante: mobiles Arbeiten

Im Gegensatz zum Homeoffice sind beim mobilen Arbeiten auch andere Arbeitsorte zulässig, beispielsweise ein Café oder ein Coworking Space. Auch die Arbeit im Zug oder im Hotel fällt in die Kategorie „mobiles Arbeiten“. Weit verbreitet ist die Annahme, dass die für das Homeoffice geltenden Bestimmungen das mobile Arbeiten nicht betreffen – das stimmt allerdings nur teilweise. Diese Arbeitsform unterliegt zwar nicht der Arbeitsstättenverordnung – der Arbeitgeber muss also nicht für die Ausstattung eines Arbeitsplatzes sorgen – doch auch hier findet das Arbeitsschutzgesetz uneingeschränkt Anwendung.

Vor- und Nachteile des Arbeitens außerhalb des Betriebs

Immer wieder hört man, dass sich Arbeitgeber dagegen sträuben, Homeoffice oder mobiles Arbeiten (dauerhaft) einzuführen. Ihre Angestellten nehmen oftmals an, dass es an mangelndem Vertrauen liegt. Tatsächlich setzt die neue Art des Arbeitsverhältnisses ein sehr hohes Maß an Vertrauen voraus. Daher sollte das Ziel eine ergebnisorientierte Arbeit sein, mit einer Zielvereinbarung und Vertrauensarbeitszeit.

Die teilweise geringe Bereitschaft zum ortsunabhängigen Arbeiten aus Unternehmenssicht lässt sich darüber hinaus durch die Hürden in der praktischen Umsetzung begründen. So ist es ohne entsprechend ausgebaute digitale Strukturen schwierig, den Mitarbeitenden Aufträge zuzuweisen und ihnen die benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen. Auch der Datenschutz spielt eine wichtige Rolle. So sollten bei Anwesenheit Dritter, im Zug oder einem Café beispielsweise, die dort zu erledigenden Aufgaben entsprechend ausgesucht sein.

Doch es lohnt sich, den Angestellten Homeoffice oder mobiles Arbeiten zu ermöglichen. Denn auch für Arbeitgeber bietet dieses Modell Vorteile:

  1. Es wird weniger Bürofläche genutzt. Auf diese Weise lassen sich die Mietkosten reduzieren.
  2. Die Mitarbeitenden sind auch in Momenten erreichbar, in denen sie ansonsten aus privaten Gründen nicht zur Verfügung stünden – sei es, weil sich ein Handwerker angekündigt oder der Kindergarten geschlossen hat. Auch die Pflege Angehöriger oder andere Verpflichtungen lassen sich besser mit der Arbeit vereinbaren, wenn man letztere zu Hause ausüben kann.
  3. Die Mitarbeitenden wissen, dass ihre Vorgesetzten bzw. das Unternehmen ihnen vertraut, wenn keine Anwesenheitspflicht im Büro besteht. Mittelfristig führt das zu einer Steigerung der Mitarbeitermotivation sowie der Arbeitseffektivität.
  4. Angestellte und Bewerber bewerten das Angebot einer flexiblen Arbeitsweise positiv. Das wertet den Ruf des Unternehmens auf, welches ortsunabhängiges Arbeiten anbietet.

Konkrete Umsetzung im eigenen Unternehmen

Um äußerst flexibel zu bleiben und den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten, geht es im ersten Schritt darum zu klären, was für die Tätigkeit wichtig ist, ob diese ausschließlich beim Mitarbeitenden zu Hause stattfindet oder ob es sich um ortsunabhängige Tätigkeiten handelt.

Beispiel Homeoffice als Telearbeit:

  • Tätigkeiten am Telefon (z.B. Callcenter)
  • Tätigkeiten mit personenbezogenen Daten
  • Tätigkeiten mit besonderen Gerätschaften (z.B. spezielle Technik, Licht und Materialien)

Beispiele mobiles Arbeiten:

  • Präsentationen, Texte und Konzepte entwickeln & erstellen
  • Allgemeine Büroarbeit
  • Softwareentwicklung

Können Unternehmen Homeoffice oder mobiles Arbeiten ohne Weiteres einführen?

Wer das Arbeiten außerhalb des Unternehmens dauerhaft einführen will, sollte in erster Linie klar und transparent mit allen Mitarbeitenden kommunizieren. Im ersten Schritt gilt es, eine allgemeine Vereinbarung mit allen Angestellten zu treffen. Warum? Weder die eigene Wohnung noch andere Orte des mobilen Arbeitens sind sogenannte Betriebsorte. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass weder der Arbeitgeber noch die Angestellten einseitig beschließen dürfen, dass künftig von Zuhause aus, im Café oder in der nahegelegenen Bibliothek gearbeitet wird.

Hinzu kommt, dass im Arbeitsvertrag meist ein fester Arbeitsort genannt ist. Beim Großteil der Unternehmen ist dies das Büro – eine Verlagerung ins Homeoffice oder an andere abweichende Orte bedarf nach § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz für den Arbeitgeber der schriftlichen Festsetzung.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, das Thema Datenschutz in die Vereinbarung mit aufzunehmen. Denn auch wenn Angestellte nicht vor Ort im Unternehmen arbeiten, so gilt nach wie vor die Pflicht, alle betrieblichen und personenbezogenen Daten geheim zu halten.

Offen kommunizieren und Mitarbeiterbedürfnisse berücksichtigen

Die Beschäftigten eines Unternehmens haben in der Regel je nach Team und Tätigkeit unterschiedliche Bedürfnisse. Für manche bietet sich Homeoffice förmlich an, andere können es kaum erwarten, wieder ins Büro zurückzukehren. Damit schließt sich der Kreis zur bereits erwähnten klaren Kommunikation. Grundsätzlich können Arbeitgeber mit dem Angebot von Homeoffice die Bindung ihrer Mitarbeitenden zum Unternehmen stärken. Im Zweifel sind die Verantwortlichen gut damit beraten, die Ein- oder Fortführung im persönlichen Gespräch mit ihren Angestellten abzustimmen.

Darüber hinaus sollten die Gegebenheiten vor Ort abgeklärt werden. Diejenigen, die über ein separates Arbeitszimmer mit Schreibtisch, Bürostuhl und entsprechender Ausstattung verfügen, sind womöglich eher bereit, weiterhin zu Hause zu arbeiten, als jemand, der seit Monaten am Küchentisch sitzt. Unterstützung bei der Ausgestaltung des Arbeitens zu Hause anzubieten – auch wenn keine Pflicht dazu besteht – kann die Motivation der Teammitglieder insgesamt steigern.


Stephanie Werther

Seit 2016 zählt Stephanie Werther zum Team der tutum GmbH​​​​​​​ in Nürnberg. Seit Tag eins ist die Zeitarbeitsbranche ihr Steckenpferd. Sie berät Unternehmen in puncto Dokumentenmanagementsysteme, Digitale Personalakte und Dokumenten-Workflows. Als zvoove Premium Partner (ehemals LANDWEHR) ist tutum bestrebt, insbesondere bei Personaldienstleistern die gesamte Personalverwaltung zu erleichtern.

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